Marktausblick 2026

Das Jahr 2025 war geprägt von Handelskonflikten, Inflationssorgen und politischer Unruhe. Und mittendrin zeigen sich die Finanzmärkte – entgegen aller Erwartungen – erstaunlich stabil. Was also bringt das Jahr 2026?

Es war viel Lärm – und deutlich weniger Schaden, als viele befürchtet hatten. Der US-Protektionismus hat an Kraft eingebüsst. Der Welthandel hat sich angepasst und die Weltwirtschaft hat sich als erstaunlich anpassungsfähig erwiesen. An den Finanzmärkten hat man das Thema Zölle abgehakt. Heute dreht sich alles um künstliche Intelligenz, das Lieblingsthema der letzten Jahre, das nun neuen Schub erhält. "Zölle sind out, KI ist in". Dieser Satz bringt die derzeitige Stimmungslage treffend auf den Punkt.

Mit dem KI-Boom rückt auch ein altbekannter Akteur ins Zentrum der Aufmerksamkeit: die Vereinigten Staaten. Sie feiern in der Gunst der Anlegerinnen und Anleger ein Comeback – nicht trotz, sondern wegen ihrer Technologieführerschaft. Der Dollar, vor einem Dreivierteljahr noch das Sorgenkind vieler Strategen, zeigt sich heute wieder stabil. Nicht übermächtig, aber solide.

Ein solides Fundament für ein gutes Jahr

Das wirtschaftliche Umfeld gibt Anlass zur Hoffnung. Die Weltwirtschaft dürfte 2026 um etwas mehr als 3 Prozent wachsen. Die USA halten mit rund 2 Prozent ihr Tempo, während Europa an Schwung gewinnt. Die Inflationsraten in den Industrieländern bleiben moderat und die Fiskal- und Geldpolitik wirken in vielen Ländern unterstützend. Während die Europäische Zentralbank und die Schweizerische Nationalbank ihre Zinsen voraussichtlich unverändert lassen, wird die US-Notenbank Federal Reserve die Zinsen wahrscheinlich senken.

Die Aussichten für Aktien sind vielversprechend. Solange das Gewinnwachstum im Technologiesektor nicht enttäuscht, sorgt das Thema KI weiter für Rückenwind – besonders am US-Markt. Die hohen Bewertungen stehen einer positiven Entwicklung nicht im Weg. In Europa könnten die Gewinne der Unternehmen nach drei Jahren der Stagnation wieder anziehen. Die niedrige Bewertung bietet zusätzliches Potenzial.

Zinsen, Währungen und Gold

Die Ertragschancen bei Obligationen in Schweizer Franken bleiben nach wie vor gering. In anderen Währungsräumen bietet das höhere Zinsniveau hingegen interessante Alternativen. Der US-Dollar dürfte sich zwar weiter abschwächen, allerdings nicht erneut zum Spielverderber werden.

Und Gold? Sein Höhenflug war spektakulär – fast zu viel des Guten. Eine Korrektur scheint wahrscheinlich und wäre vielleicht sogar gesund. Langfristig spricht jedoch vieles für das Edelmetall: geopolitische Spannungen, Unsicherheiten und der Wunsch nach Sicherheit.

Marktausblick 2026 LLB

2026: Was wirklich zählt

Vier Fragen werden das Jahr 2026 bestimmen.

  1. Was wird aus den Zöllen? Die Zwischenwahlen in den USA werfen ihre Schatten voraus und mit ihnen sinkt die Bereitschaft, unpopuläre Massnahmen zu ergreifen. Die Märkte setzen darauf, dass das Gröbste vorbei ist. Entscheidend dürfte jedoch ein Urteil des Obersten Gerichtshofs werden. Es wird klären, ob bestimmte Zölle überhaupt verfassungskonform waren.
  2. Deutschland. Der Motor Europas läuft nicht mehr rund, doch der Wille zur Erneuerung ist vorhanden. Die Pläne sind ambitioniert, doch der politische Gegenwind ist stark. Berichte über zweckentfremdete Fördergelder haben die Zuversicht gedämpft. Gleichzeitig sind die Erwartungen gering.
  3. Wie lange trägt der KI-Boom? Zwischen Euphorie und Realität wird es auch 2026 Momente des Zweifels geben. Gerade diese Unsicherheit wird die Märkte in Bewegung halten.
  4. Die US-Notenbank. Ihre Unabhängigkeit steht nicht ernsthaft infrage, auch wenn ein Wechsel an der Spitze bevorsteht. Der Kurs ist gesetzt. Der Entscheidungsprozess ist demokratisch und Zinssenkungen dürften ohnehin kommen.

Chancen erkennen, Risiken einordnen

Natürlich gibt es auch Fallstricke. Sollte sich herausstellen, dass sich die Milliardeninvestitionen in KI nicht auszahlen, wird es ungemütlich – vor allem für Tech-Werte. Doch es gibt auch klare Lichtblicke. Wenn KI hält, was sie verspricht, wird das nicht nur einzelne Unternehmen, sondern ganze Branchen produktiver machen. Das würde den aktuellen Kurs rechtfertigen und zugleich befeuern.

Ein weiteres Risiko ist die Inflation in den USA. Sollte sie sich als hartnäckiger erweisen als erhofft, könnte die Federal Reserve zur Vorsicht gezwungen sein und ihre geldpolitische Lockerung verzögern. Auch der Handelskonflikt könnte wieder aufflammen. Trump liebt Zölle und das macht ihn in wirtschaftspolitischer Hinsicht berechenbar unberechenbar.

Zudem sind die Anleger skeptisch, dass es Deutschland gelingt, die Wirtschaft deutlich zu beleben. Die Erwartungen sind nicht hoch und könnten durch eine erfolgreiche Implementierung des Finanzpakets übertroffen werden.

Was Sie beachten sollten

Das Jahr 2026 startet mit einer seltenen Mischung aus Stabilität und Spannung. Wer ruhig bleibt, genau hinschaut und flexibel handelt, ist im Vorteil. Die Märkte sind aufmerksamer geworden – und das ist auch richtig so. Es geht nicht um die nächste Welle. Es geht darum, zu wissen, wann man aufspringt und wann man abwartet, bis sich das Wasser glättet. Aber eins ist sicher: Nicht investiert zu sein, ist keine Option.

Portrait Roger Wohlwend

Roger Wohlwend – Chefökonom der LLB-Gruppe

Roger Wohlwend studierte Elektrotechnik an der ETH Zürich. Nach dem Studium war er zwei Jahre lang in der Schweizer Industrie als Entwicklungsingenieur tätig, bevor er 2007 zur LLB ins Asset Management wechselte. Nach mehreren Jahren im Fondsmanagement übernahm er 2024 den Posten als Chefökonom.