«Wir bauen das digitale Angebot aus»

Die LLB bläst zur grossen Digitalisierungsoffensive. Der Landesbank-Chef Gabriel Brenna erklärt, welche neuen Services die Bank plant.

Portrait Gabriel Brenna
Group-CEO Gabriel Brenna spricht über die neue Strategie.

 

Interview mit Gabriel Brenna, Group CEO der LLB-Gruppe

Erschienen in Wirtschaft regional am 12. November 2021

Von Dorothea Alber

Herr Brenna, die LLB hat kürzlich ihre neue Strategieperiode vorgestellt. Besonders ins Auge gestochen ist die Summe von 100 Millionen Franken, welche die Bank in die digitale Transformation investieren wird: Was bedeutet das konkret – geht das Geld in eine neue Kundenplattform oder in neue Services?

Gabriel Brenna: Wir haben in der vergangenen Strategieperiode bereits 30 Millionen Franken in die Digitalisierung investiert, um unter anderem eine direkte, digitale Kundenschnittstelle für das Online- und Mobilebanking aufzubauen. An diesem Punkt möchten wir ansetzen und weiter modernisieren, um das digitale Produkt- und Serviceangebot für alle Kundengruppen weiter auszubauen. Ein zweiter Teil der Initiative ist es, die Kernprozesse innerhalb der LLB-Gruppe zu vereinfachen und zu standardisieren, um als Bank für unsere Kunden schneller, einfacher und vor allem auch bei den neuen Services effizienter zu werden. Wir wollen den Kunden einen konkreten Mehrwert und ein positives Kundenerlebnis über alle Kanäle – persönlich und digital – bieten und zukünftiges Wachstum kostengünstiger abwickeln.

Lassen Sie uns zuerst bei der Kundenschnittstelle bleiben. Welche neuen, digitalen Services kann der Landesbank-Kunde erwarten, die es heute noch nicht gibt?

Ein Beispiel dafür ist der Fondssparplan. Unsere Kunden können diesen digital abschliessen, ohne einen Termin beim Kundenberater vereinbaren oder am Schalter vorbeikommen zu müssen. Online können die Kunden das für sie passende Produkt auswählen. Weitere Beispiele sind der Ausbau digitaler Schnittstellen für unsere externen Vermögensverwalter und institutionellen Kunden. Zudem planen wir ein digitales Onboarding für alle unsere Kunden.

Wie wird sich das in Zukunft verändern?

Künftig werden unsere Kunden über deutlich mehr Möglichkeiten verfügen, ihre Bankgeschäfte digital zu erledigen, wenn sie das möchten. Wichtig ist uns aber, dass der LLB-Kunde über eine Wahlmöglichkeit verfügt: Er kann die verschiedenen digitalen Kanäle nutzen, er kann aber auch das persönliche Gespräch suchen.

Bedeutet dies, ein Kunde kann bei der LLB künftig sogar einen Kredit online abschliessen?

Wir stellen diesbezüglich noch kein grosses Bedürfnis fest, weil gerade der erste Abschluss eines Kredits mit einer grossen finanziellen Verantwortung und Bindung einhergeht. Unserer Erfahrung nach favorisieren die Kunden in diesem Zusammenhang ein persönliches Gespräch mit einem Berater aus Fleisch und Blut, da sie sich über die finanzielle Tragbarkeit oder über die Dauer sowie den Mix der Hypothek informieren möchten. Für die digitale Verlängerung einer Hypothek besteht aber eine Nachfrage, weshalb wir diese Funktion bereits eingeführt haben.

Die Schweizer Hypothekarbank Lenzburg macht mit dem Einverständnis der Kunden Daten über offene Schnittstellen Fintech-Anbietern zugänglich, um das Angebot zu ergänzen. Wird die LLB künftig auch stärker mit externen Partnern kooperieren?

Wir verfolgen kurzfristig keine Pläne in diese Richtung, aber wir stehen neuen Möglichkeiten stets offen gegenüber, da eine Bank künftig nicht alles selbst entwickeln und anbieten kann. Denn aus Kundensicht ist es langfristig nicht sinnvoll, als Bank alles selbst zu übernehmen, wenn bestimmte Dienstleistungen durch Dritte besser erbracht werden können.

Ob in der Anlageberatung bis zum Zahlungsverkehr – neue Anbieter fordern die alte Garde mit Dienstleistungen heraus. Der Druck von Fintechs auf die traditionellen Banken wächst.

Ja, der Wettbewerb am Markt nimmt natürlich aufgrund der Fintechs, aber auch durch die neuen, bisher branchenfremden Anbieter zu. Sie fokussieren sich heute häufig auf ein eng gefasstes Angebot, das nur einen Teil der Dienstleistungen einer Bank abgedeckt, wie zum Beispiel ein Bankkonto und eine Kreditkarte oder den Aktienhandel. Dies ändert sich aber rapide und es kommen immer mehr Angebote auf den Markt.

Was heisst das dennoch für eine Traditionsbank wie die LLB?

Als traditionelle Bank müssen wir zwei Hausaufgaben erledigen: Wir müssen einerseits sicherstellen, dass wir in diesem Umfeld kompetitiv sind, daher investieren wir auch in die Digitalisierung. Auf diese Weise können wir sicherstellen, dass unsere Angebote sowohl in der Preisstruktur als natürlich auch in der User-Experience mit den digitalen Playern mithalten können. Andererseits geht es auch darum, sich noch verstärkter auf die ganzheitliche Beratung und die Kombination von digitalen Angeboten mit persönlicher Betreuung zu fokussieren, die dem Kunden einen echten Mehrwert bringen.

Was heisst das konkret?

Heutzutage geht es vielleicht nicht mehr darum, eine Zahlung am Schalter auszuführen. Und es geht vielleicht nicht einmal um den Kauf oder Verkauf einer Aktie, weil der Kunde dafür nicht unbedingt eine physische Bank und einen persönlichen Berater braucht. Es geht vielmehr um eine umfassende, ganzheitliche finanzielle 360-Grad-Beratung. Wir müssen uns den veränderten Wettbewerbsbedingungen anpassen, auch in Hinblick auf die Tatsache, dass Banken weniger verdienen aufgrund der tiefen Zinsen.

Obwohl der Kostendruck steigt, bietet die LLB manche Services wie beispielsweise Lipay sogar kostenlos.

Lipay ist praktisch ein Mini-Fintech und zeigt, dass auch die LLB über gewisse Fintech-Gene verfügt. Der Markt in Liechtenstein ist relativ klein und nicht an das Twint-Netzwerk der Schweiz angebunden. Weil wir die meisten Einwohnerinnen und Einwohner des Landes zu unsere Kunden zählen dürfen, haben wir uns die Frage gestellt, warum sollten wir als Landesbank denn nicht eine solche Lösung auf den Markt bringen? Mit Lipay haben wir eine innovative digitale Lösung für bargeldloses und kontaktloses Bezahlen geschaffen, die sowohl für Private wie auch Firmenkunden zahlreiche Vorteile bietet.

Sie sprachen anfangs von zwei Teilen der Digitalisierungsstrategie. Der zweite Teil umfasst die internen Prozesse. Was wird sich ändern?

Die grossen Prozesse wie eine Kontoeröffnung oder die Aufnahme eines Kredites werden immer schwerfälliger, da die Zahl der Vorschriften und Regulierungen kontinuierlich steigt. Da infolgedessen seit Jahren an den Prozessen geschraubt wird – mehr Checks hier und mehr Unterlagen dort sind nötig – werden diese Abläufe auch schwerfälliger. Wir möchten daher wichtige Prozesse fundamental neu denken und dadurch vereinfachen, standardisieren und automatisieren. Dies hat für den Kunden den Vorteil, dass zum Beispiel der Prozess einer Kontoeröffnung einfacher, effizienter und schneller wird.

Welchen Einfluss hat dies auf die Zahl der Mitarbeiter, wenn Prozesse automatisiert und digitalisiert werden?

Grundsätzlich verfolgen wir eine Wachstumsstrategie: Wir wollen in den nächsten fünf Jahren stark wachsen, so wie es in den vergangenen fünf Jahren bereits der Fall war. Das Ziel ist es, dieses Wachstum künftig kostengünstiger abzubilden. Unsere neue Strategie ist keine Massnahme, um nur Kosten zu reduzieren, sondern die Bank soll skalierbarer werden. Die nächsten Milliarden an Kundengeldern und Kundenvermögen wollen wir kostengünstiger und proportional mit weniger neuem Personalaufwand betreuen.

Sind die Zukäufe der vergangenen Jahre und die Gruppenstruktur bereits eine gute Basis für ein skalierbares Geschäftsmodell?

Dies ist in der Tat so. Im Verlaufe von «StepUp2020» konnten wir drei strategiekonforme Akquisitionen in unseren Heimmärkten Schweiz und Österreich im Umfang von über 25 Milliarden Schweizer Franken erfolgreich abschliessen. Die grösste Transaktion war die Übernahme der Semper Constantia. Diese haben wir zusammen mit der LLB Österreich auf unser Kernbankensystem Avaloq migriert. Damit nutzen alle drei Banken, die LLB in Liechtenstein, die Bank Linth in der Schweiz und die LLB Österreich, dieselbe Plattform. Das war eine wichtige Voraussetzung, um die Prozesse über alle Banken hinweg einheitlich zu gestalten – soweit es die Regulierung in den unterschiedlichen Ländern eben zulässt. Der gesamte Zahlungsverkehr, der gesamte Handel und die Wertschriftenadministration werden zentral in Liechtenstein für alle abgewickelt.

Die Bank hat sich nun konkrete Ziele für die nächsten fünf Jahre gesetzt. Wie sieht Ihrer Meinung nach die Bank der Zukunft aus?

Persönlich, nachhaltig, sicher. Dafür wollen wir 2026 stehen. Einerseits haben wir das Gefühl, dass wir in den vergangenen fünf Jahren einen guten Job gemacht haben und gut aufgestellt sind. Wir möchten auf diesen Erfolg aufbauen und das Wachstum der Vergangenheit beschleunigen. Wir merken andererseits, dass sich die Welt und die Gesellschaft sehr schnell verändern. Das bedeutet, dass wir uns als Bank auch transformieren müssen. Das bezieht sich nicht nur auf die digitale Transformation, sondern erstreckt sich auch auf das Thema Nachhaltigkeit. Und obwohl Kundenorientierung und hohe Dienstleistungsqualität schon immer ein fundamentaler Bestandteil einer erfolgreichen Bank war, wird die konsequente Orientierung an den Kundenbedürfnissen in Zukunft noch wichtiger werden, um sich langfristig von der Masse abzuheben.

Netto-Null-CO2-Emissionen bis 2040 lautet ein weiteres Ziel der Bank. Warum ist das Thema der LLB wichtig?

Das ist aus unserer Sicht nicht nur ein globaler Megatrend, sondern eines der wichtigsten und dringendsten Probleme unserer Zeit. In der Finanzindustrie ist das Bewusstsein dafür gereift, wie gross die Verantwortung der Banken und damit auch der LLB ist, Teil der Lösung zu sein. Unser Anspruch ist deshalb, im Bereich Nachhaltigkeit eine führende Rolle einzunehmen.