Siemens – radikaler Umbau

Der eskalierende Handelskrieg zwischen den USA und China hat die Investoren stark verunsichert und generell den Risk-off-Modus, weg von zyklischen Aktien hin zu defensiven Werten wie Konsumgütern sowie Pharma- und Immobilienwerten, aktiviert.

Es gibt allerdings Ausnahmen, die diese Vorgangsweise etwas relativieren. Es macht unseres Erachtens nicht immer Sinn, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Ein solcher Fall ist Siemens, wo das Hauptaugenmerk weniger auf der soliden Auftragslage und den guten Quartalszahlen liegt, sondern vielmehr auf den Portfolioveränderungen, die dazu dienen sollen, den hohen Bewertungsabschlag dieses Konglomerats zu reduzieren. Am Kapitalmarkttag Anfang Mai hat Siemens-Chef Joe Kaeser die Abspaltung der Kraftwerksparte bekannt gegeben, was von den Analysten und der Presse als radikaler Umbau angesehen wurde. So titelte die Süddeutsche Zeitung "Vom Gemischtwarenladen zum digitalen Industriedienstleister".

Die Kraftwerksparte mit rund 80'000 Mitarbeitenden, zu der auch die 59-Prozent-Beteiligung an Siemens Gamesa zählt, soll an bestehende Aktionäre abgegeben werden. Die Kraftwerksparte umfasst Gasturbinen, Öl und Gas (Dresser-Rand und so weiter) sowie die Hochspannungsübertragung. Dieser Unternehmensbereich erzielte 2018 einen Umsatz von mehr als 18 Milliarden Euro. Einschliesslich Siemens Gamesa liegt der Umsatz 2018 im Bereich von rund 27 Milliarden Euro und macht damit rund 34 Prozent des Konzernumsatzes aus. Die Abspaltung wird mehr als 50 Prozent der Anteile ausmachen, um eine Dekonsolidierung zu ermöglichen. Siemens wird «auf absehbare Zeit» allerdings über dem Niveau einer Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) bleiben. Der radikale Umbau der 170 Jahre alten deutschen Ikone sollte zu einem Abschmelzen des Bewertungsabschlags mit vergleichbaren Branchenunternehmen von ca. 25 Prozent führen.

Portrait Karlheinz Gfall
Dr. Karlheinz Gfall, Fondsmanager LLB Aktien Europa (EUR), LLB Asset Management AG, Vaduz

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